Still aus ›Tagebuch einer Pariser Affäre‹ | (c) Kinology
Erste Programm-Highlights für Euch
Unsere Hauptsektionen nehmen Form an
Während die Tage zwischen Spätsommerstimmung und Herbstwetter langsam wieder kürzer werden, werden unsere Arbeitstage in der Kleiststraße gerade wieder länger. Dafür haben wir tolle Neuigkeiten zu verkünden: Nach der Bekanntgabe unserer diesjährigen Retrospektive und des Programms unseres Kinderfilmfestes können Euch nun schon die ersten Film-Highlights unserer beiden Hauptsektionen vorstellen. Los geht es jedoch mit unserem Eröffnungsfilm und einer ganz besonderen Vorstellung zu später Stunde.
Opening Night und Midnight Screening
Am 17.11. starten wir mit der Deutschlandpremiere einer romantischen Komödie in die 71. Ausgabe: In ›Tagebuch einer Pariser Affäre‹ (›Chronique d’une Liaison passagère‹) beschäftigt sich der französische Regiemeister Emmanuel Mouret, dessen vorheriger Film ›Love Affair(s)‹ 2020 bei uns zu sehen war, mit den Unwägbarkeiten der Liebe. Der Film nimmt zwei Menschen in den Blick, die sich zunächst nur auf eine rein körperliche Beziehung einlassen wollen, dann aber die Kontrolle über ihre Gefühle verlieren. In den Hauptrollen brillieren die beiden vielfach ausgezeichneten Stars Sandrine Kiberlain und Vincent Macaigne.
Außerdem präsentieren wir Euch mit ›Unicorn Wars‹ zum ersten Mal ein Midnight Screening. Dieser aberwitzige Animationsfilm mit Anleihen an ›Hello Kitty‹ und ›South Park‹ lässt Einhörner und Teddybären gegeneinander in die Schlacht ziehen. Passend zur Tageszeit und zum Namen des Films geht es dabei äußerst blutig zur Sache. In knallbunten Neonfarben erzählt der spanische Regisseur Alberto Vázquez von Faschismus, den Abgründen der Religion und der Sinnlosigkeit von Gewalt, aber auch von der poetischen Schönheit der Natur.
Der Wettbewerb: On the Rise
Herzstück unseres Festivals bleibt natürlich die Suche nach neuen außergewöhnlichen Regietalenten. Im internationalen Wettbewerb ON THE RISE konkurrieren 16 Beiträge aus der ganzen Welt um unsere insgesamt mit über 50.000 Euro dotierten sechs Preise.
Der ukrainische Titel ›How is Katia?‹, das Spielfilmdebüt der Regisseurin Christina Tynkevych, ist das intensive Psychogramm einer Frau nach einem schweren Schicksalsschlag und ein Porträt der Ukraine und ihrer gesellschaftlichen Probleme vor der russischen Invasion.
Einen faszinierenden Blick auf die gesellschaftliche und politische Lage in ihren Ländern werfen auch die beiden afrikanischen Beiträge im Wettbewerb des IFFMH:
Still aus ›How is Katia?‹ | (c) EVOS Film
›Ashkal‹ ist das Langfilmdebüt des tunesischen Filmemachers und Musikers Youssef Chebbi, dessen vorherige Co-Regiearbeit ›Babylon‹ im MoMA gezeigt wurde. Bei seinem aktuellen Film handelt es sich um ein Kriminaldrama, das Politik mit Übersinnlichem mischt. Es spielt in einem Stadtteil von Tunis, wo plötzlich vermehrt Brandopfer auftauchen. Die Polizei nimmt die Untersuchung der mysteriösen Fälle auf. Von dieser Konstellation ausgehend entwickelt sich der atmosphärisch dichte Film Noir zu einer Allegorie der jüngsten gesellschaftspolitischen Umbrüche in Nordafrika.
›The Dam‹ erzählt ebenfalls von gesellschaftlichen Unruhen. In Khartum, der Hauptstadt des Sudan, gehen Menschen auf die Straße, fordern Freiheit und Gerechtigkeit. Doch die Arbeiter einer abgeschiedenen Ziegelei am umstrittenen Merowe-Staudamm erreicht die Revolution nur in Form verrauschter und wackeliger Ton- und Bildaufnahmen. Einer der Arbeiter aber leistet seine eigene Form des Widerstands. Heimlich baut er etwas aus Schlamm, was sich nur langsam erahnen lässt. Regisseur Ali Cherri selbst arbeitet neben seinem Filmschaffen im Bereich bildende Kunst. Für die Videoinstallation ›Of Men and Gods and Mud‹ wurde er 2022 mit dem Silbernen Löwen auf der Biennale von Venedig ausgezeichnet.
Auch darüber hinaus gibt es in diesem Jahr bei uns wieder Filme aus Ländern zu sehen, die es ansonsten nur selten in die deutschen Kinos schaffen:
Gleich mit drei Preisen in Locarno - für die beste Regie und die besten Hauptdarsteller - wurde ›I have electric dreams‹ (›Tengo sueños eléctricos‹) aus Costa Rica ausgezeichnet. Das Langfilmdebüt von Regisseurin und Drehbuchautorin Valentina Maurel ist ein Sozialdrama über eine widersprüchliche Tochter-Vater-Beziehung, das eine bloße Missbrauchsgeschichte durch die Komplexität des Verhältnisses der beiden Hauptfiguren bei weitem übersteigt.
›Joyland‹ war in diesem Jahr der erste pakistanische Beitrag, der für das Festival in Cannes ausgewählt wurde. Der Film schildert, wie unterdrückte Begierden mit Alltagspflichten in Konflikt geraten und allmählich starre gesellschaftliche Konventionen ins Wanken bringen. Regisseur Saim Sadiq hat schon 2020 den Kurzfilmpreis beim Filmfestival in Venedig gewonnen.
Mit ›You won’t be alone‹ zeigt das IFFMH einen (post-)feministischen Hexenfilm aus Australien mit Noomi Rapace. Vom Filmfestival in Palm Springs wurde Regisseur Goran Stolevski für dieses Debüt in die Liste der „Directors to watch“ aufgenommen.
Pushing the Boundaries
Ergänzt wird unser internationaler Wettbewerb wie schon in den beiden vergangenen Jahren durch die Sektion PUSHING THE BOUNDARIES, in der wir Werke bereits etablierter Regisseur*innen zeigen, die weiterhin auf originelle und wagemutige Weise die Grenzen des Mediums Film ausloten oder gar verschieben.
›The Beasts‹ ist ein Psycho-Thriller und zugleich herausragendes Schauspielkino, das den Zuschauer mit der Frage konfrontiert, ob und wie sich der Spirale der Gewalt entrinnen lässt. In den Hauptrollen sind Denis Ménochet und Marina Foïs als Ehepaar zu sehen, das sich in der spanischen Provinz seinen Lebenstraum vom eigenen Hof erfüllt, dann aber mit den Alteingesessenen in einen erbitterten Konflikt gerät. Der Film legt zunächst die Gefühlswelt des spanischen Hinterlands und dann die Geschichte einer Frau und ihrer Ehe offen. Regisseur Rodrigo Sorogoyen gehört aktuell nach einer Oscarnominierung und zwei Goyas für seine vorherigen Filme zu den bekanntesten Filmemachern Spaniens.
Im Kreis von Filmfans bedarf der Kopf hinter einem weiteren Film, den Ihr in diesem Jahr bei uns erleben könnt, kaum einer Vorstellung: der vielfach ausgezeichnete philippinische Meister-regisseur Lav Diaz. Sein neuestes Werk ›When The Waves are Gone‹ ist ein episches Sühnedrama. Ein Mann wird nach vielen Jahren aus dem Gefängnis entlassen und sinnt auf Rache an seinem ehemals besten Freund.
Alle genannten Filme zeigen wir als Deutschlandpremieren.
Das gesamte Festivalprogramm des IFFMH 2022 findet Ihr ab Ende Oktober auf unserer Webseite.
Still aus ›When the Waves are Gone‹ | (c) Films Boutique