Das komplette Programm 2022

Es ist so weit!

Wir können Euch das komplette Programm unserer 71. Ausgabe bekannt geben. Es ist in jeder Hinsicht aufregend vielfältig. Insgesamt könnt Ihr über 60 Filme aus mehr als 40 Ländern beim IFFMH 2022 erleben. Der historische Bogen reicht genau 100 Jahre zurück bis ins Jahr 1922.

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Der internationale Wettbewerb ON THE RISE

Im Internationalen Wettbewerb ON THE RISE zeigen wir in diesem Jahr ausschließlich Erst- und Zweitwerke. Genau 50 Prozent der Filme sind Debüts. Nahezu die Hälfte stammt von Frauen. Geografisch sind alle bewohnten Kontinente vertreten, die Bandbreite reicht von Costa Rica über Tunesien und den Sudan bis nach Südkorea und Australien. Sämtliche Filme in unserem Wettbewerb sind Deutschlandpremieren.

Zu unserer großen Freude konnten wir die Reihe herausragender Wettbewerbsfilme internationaler Regietalente kurz vor Programmschluss noch durch folgende Werke vervollständigen: Den portugiesischen Beitrag ›Wolf and Dog‹, ein gleichermaßen emotionsgeladenes wie bildgewaltiges Debüt. Regisseurin, Kamerafrau und Fotografin Cláudia Varejão erzählt darin von einer Azoreninsel, die zum Gefängnis für ihre queeren Bewohner*innen zu werden droht. Mühelos verschränkt sie dabei dokumentarische und erzählerische Elemente zu einem leidenschaftlichen Liebesfilm.

Von einer Liebe ganz anderer Art handelt ›A Tale of Shemroon‹ des iranischen Regietalents Emad Aleebrahim Dehkordi. Es geht um ein ebenso gegensätzliches wie innig verbundenes Brüderpaar. Zugleich wirft der Film einen im iranischen Kino seltenen Blick auf die von Exzessen und Drogen geprägte Welt neureicher junger Erwachsener im Norden Teherans. Virtuos und finessenreich steigert Regisseur Dehkordi allmählich die Spannung. Nach und nach zieht sich um den Hals eines der Brüder eine Schlinge aus Abhängigkeiten, familiären Konflikten und lange angestauten Aggressionen enger. Junge Menschen stehen auch im Zentrum von ›The Maiden‹ - allerdings am anderen Ende der Welt, in Kanada. Regisseur Graham Foy gelingt mit seinem auf 16-Millimeter-Material gedrehten Debüt auf Anhieb der kraftvollste nordamerikanische Independent-Film des Jahres.

Der ›Stand by me‹ unserer Zeit. Mit zärtlich beobachtender Kamera zeichnet er das poetische Bild einer zerbrechlichen Generation. Bereits in der zweiten Lebenshälfte ist die weibliche Hauptfigur in ›Suna‹. Mit diesem Film kehrt die türkische Regisseurin Çigdem Sezgin zum IFFMH zurück. Schon 2015 war sie mit ihrem Debüt ›Wedding Dance‹ in Mannheim-Heidelberg zu Gast. Wie ihr Erstling beschäftigt sich auch ihr neuer Film mit den Mängeln der Ehe. Die 50-jährige ehemalige Schauspielerin Suna verspricht sich von ihrer Heirat finanzielle Sicherheit und ein Dach über dem Kopf. Doch beides ist relativ: Das Haushaltsgeld ist knapp und die vom Imam geschlossene Verbindung sichert ihr rechtlich keineswegs das Erbe des Hauses. Regisseurin Çigdem Sezgin zerlegt die Konventionen in der Türkei und zeichnet das sensible Porträt einer Frau auf der beschwerlichen Suche nach ihrem Platz in einer von Männern dominierten Welt.

Die Sektion PUSHING THE BOUNDARIES

Unsere Sektion PUSHING THE BOUNDARIES ergänzt den Wettbewerb durch innovative Werke von etablierten Regisseur*innen. Darunter sind auch in diesem Jahr eine ganze Reihe spannender Deutschlandpremieren. Diese Sektion hat für uns immer auch eine Offenheit für die Vielfalt der filmischen Genres: Ein besonders intensiver Politthriller ist etwa ›Blanquita‹ von Fernando Guzzoni: Als Blanca zur Kronzeugin in einem landesweiten Skandal wird, klagt sie das chilenische politische System und seine handelnden Personen auf eine noch nie da gewesene Art und Weise an. Angelehnt an eine reale Begebenheit und mit Assoziationen an den Fall Jeffrey Epstein reflektiert ›Blanquita‹ über Schuld und Wahrheit jenseits des Gerichtssaals. In präzise komponierten Bildern fangen der Regisseur und sein Kameramann Benjamín Echazarreta die beengende, ja fast ausweglose Situation der Protagonist*innen ein. Und schließlich wandeln sie deren Wut in eine Kraft, die uns Zuschauern Hoffnung schenkt.

Ein weiterer Film in PUSHING THE BOUNDARIES ist eine Wiederbegegnung mit Walter Hill, dem Altmeister des Westerns. Walter Hill hat Eddie Murphy zum Star gemacht und mit Nick Nolte, Bruce Willis, Jeff Bridges, Gene Hackman und Sylvester Stallone gearbeitet. Mit ›Dead for a Dollar‹ gelingt der amerikanischen Regielegende eine souveräne und zeitgemäße Neuverortung des Genres. Es ist eine Hommage an das klassische Hollywoodkino und den Italowestern, die mit Stars gespickt ist: Rachel Brosnahan, Christoph Waltz, Willem Dafoe und Benjamin Bratt und andere könnt Ihr in diesem Film erleben.

Auch ›Stella in Love‹ von Sylvie Verheyde zeigen wir 2022 als Deutschlandpremiere. Mit ihrem neuesten Werk transportiert die französische Regisseurin die autobiographische Hauptfigur ihres gefeierten Vorgängerfilms ›Stella‹ an die Schwelle des Erwachsenwerdens. Und damit mitten in das tief gespaltene Frankreich der 1980er-Jahre. Verheyde beschwört diese Ära und Lebensphase wie einen wilden Traum, der ständig zu platzen droht. Angesichts ihres trostlosen Alltags inklusive einer depressiven Mutter (Marina Foïs) bietet der Protagonistin allein der extravaganteste Club der Stadt einen Ausweg: Les Bains Douches. Dort begegnet sie André, der tanzt wie ein junger Gott.

Die Sorgen und Krisen eines Jugendlichen sind auch das zentrale Thema im Familiendrama ›Winter Boy‹. Regisseur Christophe Honoré ist bekannt für melancholische Liebeskomödien. Hier erzählt er die Geschichte des 17-jährigen Lucas (Paul Kircher), dessen Leben aus den Fugen gerät. Mithilfe seiner Mutter (Juliette Binoche) und seines Bruders wagt er schließlich einen Neuanfang. Christophe Honoré beherrscht es wie wenige andere, ein Familiengefüge so zum Leben zu erwecken, dass jeder einzelne Aspekt starke Emotionen vermittelt. Sei es die unbedingte Liebe der Mutter, das schwule Begehren des jüngeren Bruders oder die Abgeklärtheit des älteren, alles greift ineinander. In San Sebastián wurde der Film mit dem Preis für den besten Hauptdarsteller ausgezeichnet.

Im Rahmen ihrer Ehrung mit dem Grand IFFMH Award präsentieren wir außerdem Alice Winocours neuesten Film ›Paris Memories‹ als Deutschlandpremiere. Erneut gibt uns die französische Regisseurin und Drehbuchautorin in diesem aufrichtig und feinfühlig inszenierten Film einen Einblick in die Psyche einer Traumatisierten, die versucht, ihren Weg zurück ins Leben zu finden und womöglich gar von der schrecklichen Erfahrung zu profitieren. Gespielt wird die weibliche Hauptfigur von Virginie Efira, die hier auf Benoît Magimel trifft.

Paris Memories, Copyright: Dharamsala, Darius Films, Pathé Films, France 3 Cinéma

Abschlussfilm

Der Abschlussfilm unseres Festivals am 27. November ist ebenfalls eine Deutschlandpremiere: ›Chiara‹, die Geschichte einer Heiligen und Revolutionärin. Klara von Assisi betet und kämpft um ihre Freiheit und die Anerkennung des Papstes sowie für die Rechte der Frauen. Auf den Filmfestspielen von Venedig avancierte ›Chiara‹ zum großen Gewinner des Wettbewerbs. Insgesamt fünf Preise gingen unter anderem an Regisseurin Susanna Nicchiarelli, Kostümdesignerin Laura Montaldi und Hauptdarstellerin Margherita Mazzucco, die eine echte Entdeckung und Offenbarung ist.

FACING NEW CHALLENGES

In der Sektion FACING NEW CHALLENGES erkunden wir nun schon im dritten Jahr die aktuellen Möglichkeiten des Bewegtbildes jenseits des Kinofilms. Dazu blicken wir auch über den Kinosaal hinaus und gehen an neue, manchmal ungewöhnliche Orte. 2022 ist wieder die Kunsthalle Mannheim zentrale Spielstätte dieser Sektion. Dort zeigen wir im Atrium für den Zeitraum des Festivals zwei Werke aus der Serie ›landscapes and bodies‹ von Daniel Kötter, einem deutschen Videokünstler. Daniel Kötter beschäftigt sich in dieser Serie mit der Ressourcengewinnung in unterschiedlichen Teilen der Welt bzw. mit der Ausbeutung von Natur und Mensch. Konkret zu sehen sind ›Water & Coltan‹ sowie ›Gold & Coal‹. Es erwartet Euch hier ein ganz besonderes sinnliches Erlebnis. Denn Ihr könnt die Werke mit bereitgestellten VR-Brillen als 360-Grad-Filme erleben und für jeweils circa 50 Minuten in eine andere Welt eintauchen. Die Bilder erscheinen uns auf diese Weise so nah wie nie.

Eine herausragende Qualität von Kötters Filmen ist die enge Verzahnung von geradezu meditativer Landschaftsbetrachtung und handfester Kritik an der politischen Wirklichkeit. Als Highlight präsentieren wir in der Kunsthalle Mannheim aus derselben Serie von Daniel Kötter am 23.11. den Film ›Oil Shale‹ in einem exklusiven Live-Film-Konzert mit der estnischen Noise-Techno-Band KEETAI.

Damit aber nicht genug. Wir kooperieren nämlich in diesem Jahr zum ersten Mal mit einem weiteren kulturellen Leuchtturm der Metropolregion Rhein Neckar: dem Nationaltheater Mannheim. Im Studio Werkhaus könnt Ihr Heiner Müllers ›Philoktet‹ in einer Inszenierung des vielfach ausgezeichneten Regisseurs Jan Bonny sehen. Nicht als gewöhnliche Bühnen-Inszenierung, sondern als auf die Filmleinwand gedachtes Theater. Im Anschluss an die Arbeit auf der Bühne am Schauspielhaus Basel hat Jan Bonny nämlich mit den Schauspielerinnen Bibiana Beglau (in der Rolle der Erzählerin), Aenne Schwarz, Rosa Lembeck und Elmira Bahrami eine Fortführung des Stücks als Film gedreht. Auf diese Weise findet der Regisseur eine ganz andere Art der Körperlichkeit und Zeitlosigkeit.

Wenn Ihr mögt, findet Ihr im Folgenden eine alphabetische Auflistung aller Filme des IFFMH 2022 geordnet nach Sektionen:

  • Eröffnungsfilm

    Tagebuch einer Pariser Affäre, Emmanuel Mouret, Frankreich

  • Centre Piece

    The Beasts, Rodrigo Sorogoyen, Spanien/Frankreich

  • Abschlussfilm

    Chiara, Susanna Nicchiarelli, Italien/Belgien

  • Midnight Screening

    Unicorn Wars, Alberto Vázquez, Spanien/Frankreich

  • ON THE RISE
    • El Agua, Elena López Riera, Spanien/Schweiz/Frankreich
    • Ashkal, Youssef Chebbi, Tunesien/Frankreich
    • Astrakan, David Depesseville, Frankreich
    • The Dam, Ali Cherri, Sudan/Frankreich/Serbien/Deutschland
    • How Is Katia?, Christina Tynkevych, Ukraine
    • I have Electric Dreams, Valentina Maurel, Costa Rica/Belgien/Frankreich
    • Joyland, Saim Sadiq, Pakistan
    • The Maiden, Graham Foy, Kanada
    • Next Sohee, July Jung, Südkorea
    • The Sixth Child, Léolpold Legrand, Frankreich
    • Sons of Ramses, Clément Cogitore, Frankreich
    • Suna, Çigdem Sezgin, Türkei/Spanien/Bulgarien
    • A Tale of Shemroon, Iran/Frankreich/Deutschland/Italien
    • Valeria is getting married, Michal Vinik, Israel/Ukraine
    • Wolf and Dog, Cláudia Varejão, Portugal/Frankreich
    • You won’t be alone, Goran Stolevski, Australien/Großbritannien/Serbien
  • PUSHING THE BOUNDARIES
    • Blanquita, Fernando Guzzoni, Chile/Mexiko/Luxemburg/Frankreich/Polen
    • Dead for a Dollar, Walter Hill, USA/Kanada
    • Forever Young, Valeria Bruni Tedeschi, Frankreich
    • Leila’s Brothers, Saeed Roustaee, Iran
    • Manticore, Carlos Vermut, Spanien
    • The Night of the 12th, Dominik Moll, Belgien/Frankreich
    • Pacifiction, Albert Serra, Spanien/Frankreich/Portugal/Deutschland
    • Paris Memories, Alice Winocour, Frankreich
    • Stella in Love, Sylvie Verheyde, Frankreich
    • Stone Turtle, Woo Ming Jin, Malaysia
    • Vera, Tizza Covi/Rainer Frimmel, Österreich
    • When the Waves are Gone, Lav Diaz, Philippinen/Dänemark/Portugal/Frankreich
    • Winter Boy, Christophe Honoré, Frankreich
    • A Woman, Jean-Paul Civeyrac, Frankreich
  • SPECIALS
    • Aus meiner Haut, Alex Schaad, Deutschland
    • Palm Trees and Power Lines, Jamie Dack, USA
    • Rodeo, Lola Quivoron, Frankreich
    • Safe Place, Luraj Lerotić, Kroatien
  • RETROSPEKTIVE (in chronologischer Folge)
    • Salomé, Charles Bryant/Alla Nazimova, USA 1922
    • The Women, George Cukor, USA 1939
    • Falbalas - sein letztes Modell, Jacques Becker, Frankreich 1945
    • Puzzle of a Downfall Child, Jerry Schatzberg, USA 1970
    • Pink Narcissus, James Bidgood, USA 1971
    • Die bitteren Tränen der Petra von Kant, BRD 1972
    • Ludwig II., Luchino Visconti, Italien/Frankreich/BRD 1973
    • Picknick am Valentinstag, Peter Weir, Australien 1975
    • Orlando, Sally Potter, Großbritannien/Russland/Italien/Frankreich/Niederlande 1992
    • The Virgin Suicides, Sofia Coppola, USA 1999
    • Mädchenbande, Céline Sciamma, Frankreich 2014
    • Die Taschendiebin, Park Chan-wook, Südkorea 2016
  • KINDERFILMFEST
    • Bigman, Camiel Schouwenaar, Niederlande
    • Comedy Queen, Sanna Lenken, Schweden
    • The Exploits of Moominpapa, Ira Carpelan, Finnland/Polen
    • Gandhi & Co., Manish Saini, Indien
    • Girls Go Movie Special (Highlights 2017-2022), diverse, Deutschland
    • Mein kleines Land, Emma Kawawada, Japan/Frankreich
    • Oink, Mascha Halberstad, Niederlande/Belgien
    • Die Tochter der Sonne, Catalina Razzini, Bolivien/Spanien/Deutschland
  • Hommage Benoît Debie
    • Love 3D, Gaspar Noé, Frankreich/Belgien 2015
    • Spring Breakers, Harmony Korine, USA 2012
    • Vinyan, Fabrice du Welz, Belgien/Frankreich/ Großbritannien 2008
  • Grand IFFMH Award Alice Winocour
    • Paris Memories, Frankreich 2022
    • Proxima, Frankreich/Deutschland 2019
  • FACING NEW CHALLENGES
    • Philoktet (Heiner Müller), Jan Bonny, Deutschland 2022
    • Gold&Coal/Oil Shale/Water&Coltan, Daniel Kötter, Deutschland 2020-2021

Das 71. IFFMH findet vom 17. bis zum 27. November 2022 statt.

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Bei Fragen wenden Sie sich gerne an unsere betreuende Agentur Filmpresse Meuser.

Das Festival dankt seinen Förderern und Partnern.